Klinikum Wilhelmshaven
Das Klinikum an der Nordsee

Pressemitteilungen

Ethikberatung im Krankenhaus

Wilhelmshaven 23.02.2022 – Ethik im Krankenhaus – das medizinisch Machbare und ethisch Vertretbare als Einheit der Behandlungsmöglichkeiten der modernen Medizin - dieses spannende und zugleich aktuelle Thema umfasst das Hauptaufgabenfeld der klinischen Ethikberatung.
Mit der rasanten medizinischen Entwicklung, speziell auch der Intensivmedizin in den zu-rückliegenden 40 Jahren und den damit verbundenen Optionen der lebenserhaltenden Maß-nahmen erlangen gleichzeitig medizin-ethische Fragen einen immer größeren Stellenwert. In den USA gründeten sich in den 1960ern sogenannte „Life-or-death Committees", die über die schwierige Frage zu entscheiden hatten, welche Patienten einen der damals sehr begrenzten Dialyseplätze bekommen sollten.
Aus diesen Vorläufern entstanden mit dem weiteren medizinischen Fortschritt in den 80er Jahren die ersten klinischen Ethikkomitees. Dabei hat die Ethikberatung in Krankenhäusern in Deutschland erst mit Beginn des neuen Jahrtausends Einzug gehalten. In einer Erhebung im Jahr 2001 gab es nur in ca. 35 Krankenhäusern zu diesem Zeitpunkt eine Form klinischer Ethikberatung, Heute geht man bundesweit von ca. 70 % der Kliniken aus, die eine Ethikberatung, meist in Form eines Klinischen Ethikkomitees, implementiert haben.
Im März vergangenen Jahres hat sich am Klinikum Wilhelmshaven ein Ethikkomitee aus 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen gegründet. Nach einer intensiven fachlichen Qualifizierung zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht startete für die Mitglieder des Komitees kürzlich ein mehrtägiger kombinierter Grund- und Moderationskurs zur „Ethikberatung im Krankenhaus" mit dem Abschluss „Zertifizierte Ethikberater". Als Kursleiter konnte durch die Bildungsakademie des Klinikums der renom-mierte Medizinethiker Prof. Dr. phil. Alfred Simon, Geschäftsführer der Akademie für Ethik in der Medizin, Göttingen und Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees der Universitäts-medizin Göttingen gewonnen werden.
„Nachdem sich das Ethikkomitee am Klinikum etabliert hat ist es jetzt wichtig, dass die Mitglieder mit den richtigen Tools für ihre tägliche Arbeit ausgestattet sind", unterstrich Prof. Dr. Kai Goldmann, Ärztlicher Direktor im Klinikum, zum Auftakt der Fortbildung.
Während der zweitägigen Veranstaltung in der Jadehochschule ging es um grundlegende Aufgaben der Ethikberatung in Krankenhäusern, die anhand von konkreten Fallbeispielen erörtert wurden. Wann ist das medizinisch Mögliche nicht mehr das Beste für den Patienten? Wann ist das Beenden einer Therapie sinnvoll? Was ist der Wille des Patienten? Stehen Patientenwillen und ökonomischer Zwang durch Fallzahlendruck in Krankenhäusern im Widerspruch? Wie darf man im Krankenhaus sterben? Welche Indikationen sollten speziell bei sehr betagten Patienten unter ethischen Gesichtspunkten beachtet werden? Welche Rolle spielen unterschiedliche Kulturen? Wie kann der Patientenwillen bei notwendigen Zwangsmaßnahmen (Fixierung) zum Patientenschutz – auch zum Mitarbeiterschutz – berücksichtigt werden?
Diese und viele weitere Fragen sind Inhalt der Ethikberatung, meist in Form von konkreten Fallbesprechungen. Oberste Priorität haben die Betrachtung des Patienten in seiner Ganzheitlichkeit und sein Willen. Die Ethikberatung ist Teil der Patientenversorgung und soll die Ärzte in ihren Therapieentscheidungen unterstützen. Dabei sind die Wertevorstellungen des Patienten, der Ärzte und der Ethikberater die grundlegende gemeinsame Basis für Entscheidungen.
„In meiner jahrelangen Tätigkeit als Ethikberater hat sich eine unterstützende Kommunika-tion mit allen Beteiligten als das A und O erwiesen. Dabei ist es häufig zielführender, die richtigen Fragen zu stellen, als bestimmte Positionen zu vertreten. Meine Aufgabe als Ethikberater besteht nicht darin, den verschiedenen Beteiligten in einer ethischen schwierigen Situation die Verantwortung für ihr Handeln abzunehmen, sondern ihnen zu helfen, ihre Verantwortung ethisch gut begründet wahrzunehmen. Das gilt auch für interkulturelle Fragen, die zunehmend eine größere Rolle spielen", betont Prof. Simon.
Ethische und rechtliche Aspekte medizinischer Entscheidungen am Lebensende, der Um-gang mit Suizid- und Todeswünschen nach den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen, die unterschiedlichen Modelle der Ethikberatung sowie konkrete Fallbesprechungen standen außerdem auf dem Programm des ersten Ausbildungsmoduls.

Zurück zur Übersicht
Klinikum Wilhelmshaven Haupteingang