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Schluckstörungen im Alter
Wilhelmshaven 11.10.2021 – Der Mensch schluckt bis zu 2000 Mal am Tag, ein Vorgang, der ganz selbstverständlich scheint und den wir – abgesehen vom Essen und Trinken – eher unbewusst ausführen. Für Menschen, die an einer Schluckstörung leiden, kann das Schlucken jedoch zu einer Qual werden: Wenn Speichel oder Nahrung nicht mehr richtig vom Mundraum in die Speiseröhre transportiert werden, kann dies sogar schwere Folgen haben. Manchmal besteht Lebensgefahr, wenn die Schluckstörung insbesondere bei älteren Menschen zu einer Lungenentzündung führt.
Schluckstörungen, in der Fachsprache als Dysphagie bezeichnet, sind weiter verbreitet als viele wissen: sieben Prozent der Bevölkerung leiden an einer Schluckstörung, in der Gruppe der über 55-jährigen liegt der Anteil sogar bei gut 20 Prozent. Dysphagie kann in Folge eines Schlaganfalls, eines Unfalls und von Operationen auftreten oder mit neurologischen Grunderkrankungen sowie Tumoren einhergehen. Eine Schluckstörung kann aber auch als Alterserscheinung auftreten, wenn sich die Muskeln im Mundraum sowie in der Speiseröhre abbauen und an Elastizität einbüßen.
Auf diese altersbedingte Schluckstörung (Presbyphagie) hat sich das Team um Chefarzt und Geriater Dr. Michael Kopp spezialisiert. In enger Zusammenarbeit mit Logopädinnen werden alle Patienten der geriatrischen Station in Bezug auf ihr Schluckverhalten untersucht. „Viele unserer Patienten haben Schwierigkeiten beim Schlucken und damit auch bei der Atmung. Das Erkennen einer erworbenen oder beginnenden Schluckstörung ist essenziell, um schnell und effizient weitere ärztliche und therapeutische Maßnahmen einleiten zu können. Wir können im Vorfeld aber viele Komplikationen vermeiden, wenn wir gezielt beispielsweise mit Physiotherapie und Schlucktherapie gegensteuern", erläutert Dr. Kopp. Die Klinik für Geriatrie verfolgt bei der Aufnahmen von Patienten einen ganzheitlichen Ansatz, um die Lebensqualität eines Menschen zu gewährleiten: Ziel ist, die medizinischen, psychosozialen und funktionellen Probleme und Ressourcen des älteren Menschen zu erfassen und einen umfassenden Behandlungs- und Betreuungsplan zu entwickeln. Innerhalb von 24 Stunden nach Aufnahme eines Patienten wird erfasst, ob eine Schluckstörung vorliegt.
Denn: Oft beginnt mit einer Schluckstörung ein Teufelskreislauf. Wenn nämlich durch die Störung weniger Nahrung aufgenommen wird, es dadurch zu einer Mangelernährung kommt und so wiederum die Muskeln noch mehr geschwächt werden. Am Ende des Kreis-laufes steht im schlimmsten Fall eine Lungenentzündung, weil Flüssigkeit oder Nahrung in die Atemwege gelangen. Dringt Speichel oder Nahrung in den Raum unter dem schützenden Kehldeckel ein, ohne dass der Hustenreflex ausgelöst wird, spricht man von einer stillen Aspiration, wodurch die Gefahr einer Lungenentzündung noch erhöht wird.
Basis für die gute Diagnostik und Therapie der Störung des Schluckaktes bildet die logopädische Untersuchung. Regina Gabriel ist niedergelassene Logopädin und arbeitet schon seit sechs Jahren mit ihrem Team auf der geriatrischen Station: „Die Schlucktherapie ist der Dreh- und Angelpunkt für eine nachhaltige Behandlung einer Störung. Wir können mit geeigneten therapeutischen Maßnahmen die Lebensqualität verbessern und sichern."
Auch haben es sich Regina Gabriel und ihr Team zur Aufgabe gemacht, die Pflegekräfte für Schluckstörungen zu sensibilisieren und interne praktische Schulungen für Pflegeschülerin-nen anzubieten. Auch wurde das Küchenpersonal in die Versorgung der Patienten mit Schluckstörung einbezogen, um Dysphagiepatienten keine ungünstigen Lebensmittel wie sehr krümelige oder trockene Nahrung anzubieten. Bewährt hat sich außerdem der Aus-tausch mit Angehörigen und externen Pflegekräften, um zu besprechen, wie Patienten auch nach dem Krankenhausaufenthalt bestmöglich im Hinblick auf die Schluckstörung mit Nah-rung und Flüssigkeit versorgt werden können. Aufgrund der guten Teamarbeit zwischen Ärzt*innen, Psycholog*innen Pflegekräften, Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen und dem Sozialdienst konnten im Klinikum Wilhelmshaven Aspirations-pneumonien deutlich reduziert werden.
BU: Eine Patientin wird logopädisch untersucht. Von links neben der Patientin: Oberärztin Gudrun Jelke, Regina Gabriel, Simone Nesper. Rechts: Dr. Michael Kopp
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